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Die Berufsbezeichnung „Krankenschwester“ ist in Deutschland seit Jahrzehnten gebräuchlich und weckt bei vielen Menschen nostalgische Assoziationen: Bilder von Frauen in weißen Kitteln, die sich mit Hingabe und Fürsorge um ihre Patienten kümmern. Doch ist dieser Begriff heute noch zeitgemäß? Ein Blick auf die Vergangenheit der Pflege gibt Antworten.

Die Bezeichnung „Krankenschwester“ geht zurück auf das 19. Jahrhundert, als die Pflegeberufe stark durch religiöse Gemeinschaften geprägt waren. Insbesondere in katholischen Einrichtungen wurde der Beruf mit einem gewissen „Schwestern“-Ideal verbunden, das Anklänge an Nächstenliebe und Hingabe hatte.

Dieser Begriff betonte den fürsorglichen Charakter der Pflegearbeit und stellte die empathische Frau als Pflegende in den Mittelpunkt. Lange Zeit war der Pflegeberuf tatsächlich fast ausschließlich weiblich. Gesellschaftliche Rollenbilder und Geschlechternormen hielten Männer von diesem Beruf fern, der als eine Art „Verlängerung der Mutterrolle“ angesehen wurde.

Heute sieht die Situation anders aus. Pflege ist ein anerkannter Ausbildungsberuf, der sowohl Frauen als auch Männern offensteht. Insbesondere seit den 1970er-Jahren sind immer mehr Männer in die Pflege eingestiegen. Die Einführung geschlechtsneutraler Bezeichnungen wie „Pflegekraft“ oder „Pflegefachperson“ spiegelt dies wider.

2004 wurde im Krankenpflegegesetz die Bezeichnung “Krankenschwester” durch die neue Berufsbezeichnung “Gesundheits- und Krankenpflege” ersetzt. Wiederum 2020 wurden im Rahmen der reformierten Pflegeausbildung die Begriffe “Pflegefachfrau bzw. Pflegefachmann” eingeführt. Zunehmend werden damit die traditionellen Titel wie „Krankenschwester“ oder „Krankenpfleger“ weniger verwendet. Die neue Berufsbezeichnung trägt der Tatsache Rechnung, dass Pflege heute weit mehr ist als „Fürsorge“: sie erfordert medizinisches Wissen, psychologische Kompetenz und organisatorisches Geschick.

Die Einführung dieser neuen Titel war jedoch nicht frei von Kritik. Während viele den Wandel als notwendig und modern empfinden, vermissen manche ältere Generationen die emotionale Verbindung, die der Begriff „Krankenschwester“ vermittelt. Das hängt sicher auch damit zusammen, dass Schwestern oder Pfleger mit dem Vornamen, die Pflegefachfrau beziehungsweise der Pflegefachmann mit dem Nachnamen angesprochen werden. Diese Anrede schafft deutlich mehr Distanz. Gerade vielleicht einsame Patienten, die Schmerzen haben und viele Dinge im Krankenhaus passiv über sich ergehen lassen müssen bevorzugen den vertrauten Begriff Schwester oder Pfleger. Aber auch ältere Pflegekräfte, die diese Bezeichnung beim Abschluss ihrer Ausbildung verliehen bekommen haben, möchten sie gerne beibehalten. Wichtig ist in erster Linie nicht so sehr die Bezeichnung, sondern dass man sich gegenseitig mit Respekt begegnet.

Der Pflegeberuf verdient Anerkennung – unabhängig vom Geschlecht oder von der Bezeichnung. Der Fokus sollte darauf liegen, den Beruf weiter zu professionalisieren und ihm die gesellschaftliche Anerkennung zu zollen, die er verdient. Denn letztlich geht es nicht um den Titel, sondern um die Qualität der Arbeit, die Pflegekräfte täglich leisten.